Nachhaltige Filmproduktion: Deine 16-Punkte-Checkliste

Videodrehs verursachen Emissionen und Abfall. Das lässt sich kaum vermeiden.

Aber: Du kannst die Auswirkungen minimieren. Indem du die 16 Schritte hin zu einer nachhaltigen Filmproduktion durchläufst.

Hier ist die komplette Checkliste, ergänzt mit den Geheimtipps von Expert*innen aus Deutschland und Österreich.

Inhalt

Was ist das Problem?

Wer Filme oder Videos dreht, achtet in der Regel kaum auf Nachhaltigkeit.

Stattdessen sorgt die Produktion oft für diverse Umweltschäden:

  • Bei Anreise und Dreh entstehen Unmengen an Treibhausgasen. Für einen Tatort etwa 139 Tonnen CO₂ – so viel wie 18 Deutsche im Jahr verantworten.
  • In Frankreich sorgt die Bewegtbild-Industrie damit für genauso viel Kohlendioxid wie die gesamte Telekommunikation.
  • Auch viel Müll fällt an: für Kulissen, Kostüme und Verpflegung.
  • Dazu kommt der Einsatz sensibler Rohstoffe, etwa in Batterien und Akkus.

Dabei geht es auch anders. Laut CO2-Rechner der MFG Baden-Württemberg lässt sich bei jedem Dreh rund die Hälfte der Emissionen einsparen.

Und es gibt Vorbilder: Der Film „Buddy“ von Michael „Bully“ Herbig hat bereits 2013 über 200 Tonnen CO₂ und 65 Prozent Müll eingespart.

Was macht ein nachhaltiges Studio anders als konventionelle Produktionen?

Checkliste: Nachhaltige Filmproduktion

Ich bin kein Produzent, sondern Texter für nachhaltige Unternehmen. Deshalb habe ich mir Unterstützung von Expert*innen der Filmbranche geholt. Hier sind ihre besten Tipps, um Umweltschäden zu vermeiden.

#1 Wähle deine Projekte sorgfältig aus

Kann eine Werbung für einen SUV wirklich grün sein, selbst, wenn sie so umweltfreundlich wie möglich gedreht wurde?

Dieser Frage geht Marc Tort Bielefeld in seinem Artikel im DEMOS MAG nach.

Kleiner Spoiler: Natürlich nicht. Meistens hat die Botschaft deines fertigen Films deutlich stärkere Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft als der Dreh.

Geh deshalb nur Projekte an, die mit deinen Werten übereinstimmen.

#2 Spar dir das Video

Klar: Am meisten Ressourcen sparst du, wenn du auf eine Produktion verzichtest. Denn nicht immer ist ein (neuer) Film notwendig!

Stell dir also zuerst folgende Fragen:

  • Übermitteln sparsamere Alternativen wie Text, Bild oder Audio deine Botschaft genauso gut?
  • Gibt es bereits Filme, die du statt eines eigenen Drehs verwenden kannst?

Wenn du mit Ja antwortest, kannst du dir (und dem Planeten) den Aufwand sparen.

#3 Nutze vorhandenes Material

Am meisten Ressourcen verschlingen natürlich nicht Konzeption oder Post-Produktion, sondern der tatsächliche Dreh neuer Szenen.

Was wäre, wenn du diesen Schritt überspringen könntest – und am Ende trotzdem mit einem neuen Video dastündest?

Diesen Ansatz fährt SpatzInDerHand.de:

„Ich schaue gemeinsam mit meinen Kund:innen, wie sich ihre Botschaft mit bereits vorhandenen Medien (zum Beispiel Fotos von einem Event oder Videomaterial von einem früheren Dreh) vermitteln lässt. Zusätzlich habe ich Zugriff auf eine riesige Bibliothek aus Stock Footage.“

#4 Mach aus einem Dreh mehrere Videos

Ein Dreh, ein Video?

Geht effizienter:

  • Nimm für eine YouTube-Werbung mehrere Einstiege auf, die du mit demselben Hauptteil ausspielst. So hast du mit wenig Aufwand mehrere Versionen zum Testen.
  • Kürze dein 2-minütiges Produktvideo auf 10-sekündige Spots für Instagram, TikTok und Co.
  • Drück hinter den Kulissen auf Record für ein „Behind The Scenes“.
„Angefangen habe ich damit, möglichst wenig Filmmaterial wegzuwerfen und bereits so zu produzieren, dass man Reststücke in einem Reel oder im üblicherweise sehr kurzen "Hochformat" nutzen kann.“

#5 Stell dein Team sinnvoll zusammen

Einen Film drehst du nie allein.

In der Auswahl deiner Mitstreitenden liegt deshalb enormes Sparpotenzial:

  • Gibst du einen Film in Auftrag, wähle ein nachhaltig arbeitendes Studio.
  • Setze auf Drehteams aus der Region, um Strecken zu sparen.
  • Definiere vor Projektbeginn Kriterien, nach denen alle handeln.
„Bei uns reisen nur Regisseur und Kameraassistent an den Drehort und nutzen dazu die Bahn. Das Drehteam kommt aus der Region, holt uns vom nächsten Bahnhof ab und bringt die Technik mit, die wir so nicht durch ganz Deutschland transportieren müssen.“

#6 Reduziere Transportemissionen

Ein großer Teil der Treibhausgase entsteht bei der An- und Abreise deines Teams und des Equipments.

Darum solltest du zum einen so viele Wege wie möglich streichen:

  • Führe Konferenzen per Videoanruf oder Telefon durch, statt sich in echt zu treffen.
  • Deine Auftraggeber*innen am Drehort können viele Clips zum Standort-Scouting selbst mit dem Smartphone aufnehmen.
  • Schick lieber ein kleines Team für ein paar Wochen an den Drehort, statt eine große Besatzung für ein paar Tage.

Zum anderen solltest du notwendige Strecken möglichst emissionsarm zurücklegen:

  • Komm mit der Bahn statt mit dem Flugzeug.
  • Setze auf einen E- oder Hybrid-Fuhrpark.
  • Vor Ort transportieren Lastenräder statt Autos das Equipment.

Die Agentur Fraem misst ihre Emissionen, etwa mithilfe eines CO2-Rechners für Unternehmen, und erstellt daraus eine Jahresbilanz:

„Den größten Teil der Emissionen machen bei uns definitiv die Anreisen aus. Sprich das Auto oder das Flugzeug. Dafür führen wir eine Art interne Fahrtentabelle, wobei wir alle Strecken dokumentieren, die wir bei Projekten zurücklegen.“

#7 Wohne minimalistisch

Muss die gesamte Belegschaft wirklich im Hotel hausen?

Wahrscheinlich nicht. In Ferienwohnungen könnt ihr euch ebenso komfortabel einrichten, habt euer ökologisches Handeln aber selbst in der Hand.

Falls es doch ein Hotel sein muss, halte Ausschau nach einer umweltbewussten Unterkunft.

#8 Verpflege dich sparsamer

Bei einem langen Dreh fallen oft tausende Mahlzeiten an.

Im besten Fall sind diese vegan oder vegetarisch, saisonal, regional und kommen in Mehrweg- statt in Einweg-Geschirr.

#9 Wähle dein Equipment sorgfältig

Eine weitere wichtige Quelle im ökologischen Fußabdruck der Produktion ist die Ausrüstung.

  • Jedes Teil, das du mietest, statt es zu besitzen, spart Rohstoffe.
  • Ersetze Dieselgeneratoren mit Gas- und Hybridgeneratoren oder Alternativen.
  • Betreibe Geräte mit Akkus statt mit Einwegbatterien.
  • Beleuchte mit energiesparenden LED-Lampen statt mit konventionellen Scheinwerfern.
  • Verwende Recycling-Papier.

#10 Nutze Ökostrom

Grüner Strom stammt aus Erneuerbaren Energien statt aus Kohle, Gas und Atomkraft. Vor allem dein Equipment auf dem Set und die energieintensive Hardware zum Rendern sollten deshalb Ökostrom tanken. 

Apropos Rendering: Auch hier gibt es Sparpotenziale, etwa, indem du 3D- und schlankere 2D-Animationen kombinierst.

Aber auch sonst im Büro, bei der An- und Abreise und in den Unterkünften vor Ort kannst du darauf achten, welche Quelle du beziehst.

#11 Baue umweltbewusste Kulissen

Beim Thema Müll steht der Szenebau an erster Stelle. Denn hier fällt Material an, das in der Regel nur einmal verwendet wird – und danach unbrauchbar ist.

  • Vermeide Einweg-Produkte wie Styropor oder Plastik, wo es nur geht.
  • Setze, wenn möglich, auf wiederverwendbare Module.
  • Beziehe Holz nur mit FSC-Zertifikat – oder nutze am besten Spanplatten aus Holzresten.
  • Verzichte möglichst auf schädliche Materialien und dokumentiere ihren Einsatz.

Eine Kulisse ganz ohne Müll? Geht auch – wenn du sie digital baust! Immer mehr Studios verzichten darauf, an Original-Schauplätze zu reisen. Stattdessen entsteht der Hintergrund am PC. Neben Rohstoffen sparst du damit auch Transportwege. Ein Video vom SWR zeigt, wie.

#12 Trenne Müll

Etwas Abfall fällt trotzdem an. Darum solltest du am Set Müll trennen, statt alles in eine Tonne zu werfen. Papier, Gelber Sack, Bio, Glas, Metall und die entsprechende Entsorgung von Sondermüll gehören zum Mindeststandard.

#13 Produziere sozial und fair

Nachhaltigkeit bedeutet nicht nur Umweltfreundlichkeit. Der soziale Aspekt ist genauso wichtig. Darum solltest du mit gutem Beispiel vorangehen, was etwa die Arbeitsbedingungen angeht:

  • Arbeitszeiten, Pausen und Überstunden solltest du klar regeln.
  • Natürlich musst du die Tarifverträge aller Beschäftigten einhalten.
  • Eine faire Vergütung ist Pflicht, auch bei Drehs im Ausland.
  • Es hat sich etabliert, nach der Limburger Lösung in die Altersvorsorge von Freiberufler*innen einzuzahlen.
  • Die Gleichstellung der Geschlechter – vom Cast bis zur Regie – solltest du dir zum Ziel machen. Gleichstellungsbeauftragte helfen.
„Für uns bedeuten faire Arbeitsbedingungen, dass nach offiziellen Standards des Arbeitsschutzgesetzes gearbeitet wird. Das sollte eigentlich normal sein. Aber in der Realität werden viele Social Media Content Pieces (auch für große Brands) in 13-Stunden-Marathons gedreht – ohne wirkliche Pausen. Die Online Content Creation befindet sich (noch) im Wilden Westen.“

Auch, was du zeigst, solltest du unter dem sozialen Gesichtspunkt beleuchten. Etwa, indem du auf die Diversität deines Casts achtest.

#14 Denk an die Zukunft

Egal, ob im Kino, auf dem heimischen Fernseher oder beim Streaming: Wer deinen Film sieht, verbraucht Strom. Du kannst dafür sorgen, dass der Energieverbrauch möglichst gering ausfällt. Je weniger Daten du brauchst, um deine Botschaft zu vermitteln, desto besser.

  • Kürzere Videos verbrauchen weniger Energie. Dafür benötigst du ein gutes Skript.
  • Filme mit weniger Farben und in geringerer Auflösung werden sparsamer übertragen.
  • Falls du den Clip auf deine Webseite stellst: Beachte die Video-Tipps im nachhaltigen Webdesign.

#15 Führe Protokoll

Wie nachhaltig wird deine Produktion? Um das zu wissen, solltest du eine Umweltbilanz erstellen:

  • Vor dem Dreh planst du gründlich, welche Maßnahme welche Auswirkung hat. Etwa mithilfe des Greenshooting CO2-Rechners der MFG Baden-Württemberg. Nur so weißt du, wo Einsparpotenzial liegt.
  • Im Nachhinein verfasst du einen Abschlussbericht. Hier hältst du fest, welche Auswirkungen deine Produktion tatsächlich hatte. Was lief gut, was nicht? Beim nächsten Dreh kannst du dein Ergebnis sicher toppen!

#16 Gleiche Unvermeidbares aus

Wie verantwortungsvoll du auch arbeitest: Deine Produktion ist nie komplett umweltneutral.

Unvermeidbare Emissionen solltest du deshalb kompensieren. Dafür musst du deine CO₂-Bilanz kennen. So kannst du etwa an Unternehmen spenden, die Bäume pflanzen und der Atmosphäre so wieder Kohlendioxid entziehen.

Denk aber bitte dran: Eine Ausgleichszahlung macht deine verantworteten Emissionen nicht wett! Denn Bäume brauchen ein paar Jahrzehnte, bis sie CO₂ in großen Mengen aufnehmen. Außerdem verkaufen viele Anbieter*innen, gelinde gesagt, Schwachsinn: Ihre Bäume werden nie gepflanzt, wachsen in Monokulturen oder werden nach ein paar Jahren abgeholzt.

Ich habe mich deshalb für den Green Forest Fund entschieden: Die Organisation pflanzt den Urwald von morgen in Deutschland und garantiert ihr lebenslanges Wachstum.

Grüne Produktion: Beispiele & Siegel

Vor allem in der Filmbranche gibt es Versuche, die nachhaltige Filmproduktion zu standardisieren.

Etwa den Arbeitskreis „Green Shooting“: Er hat die Ökologischen Mindeststandards für die Branche definiert. Wer ab 2023 von der Bundesregierung Fördermittel erhalten möchte, muss sie einhalten.

Außerdem hat der Arbeitskreis die Initiative „100 Grüne Produktionen“ ins Leben gerufen. Bis 2021 wollten mindestens 100 Produktionen die Standards der Green Production erfüllen. Das Label Green Motion tragen mittlerweile viele Tatorte, Polizeirufe oder Serien wie GZSZ.

Mit dem Eisvogel gibt es seit 2022 zudem einen Preis für nachhaltige Filmproduktionen. Gewonnen hat im ersten Jahr der Dortmunder Tatort „Gier und Angst“.

Bisher basieren alle Maßnahmen allerdings auf Freiwilligkeit. Auch in der Videoproduktion – also der Erstellung von Werbe- oder Imagevideos – gibt es bisher keine zwingenden Vorgaben.

Und jetzt?

Arbeitest du in einem Filmstudio und möchtest nachhaltiger produzieren? Dann schau dir die Mindeststandards deiner Branche an.

Suchst du eine Agentur, die dein Video ökologisch bewusst produziert? Dann klick auf die Links unter den Zitaten in diesem Artikel. Oder schreib mir eine Nachricht, damit ich dich mit einer passenden Agentur verbinden kann.

🍝 Klau meine 2 Geheimnisse für die leckerste Linsenbolognese …

… oder hol dir Ideen ab, wie du über deine Webseite noch mehr verkaufst. Jede Woche direkt in deinem Postfach!